Kennst du das auch? Du stehst vor einer Wahl, wägst die Pro- und Contra-Argumente aller Seiten ab, hast eine Tendenz zu einer der Optionen und trotzdem kannst du dich nicht dazu durchringen, es auszusprechen? Dich final festzulegen? Dich zu entscheiden? Schon seit meiner Kindheit zieht sich dieses Muster durch mein Leben. Ich hasse es, Entscheidungen zu treffen. Der Grund dafür ist relativ einfach: ich habe Angst. Angst davor, eine falsche Entscheidung zu treffen. Angst davor, die Konsequenzen zu tragen. Angst davor, im „hätte, wäre, wenn“ zu enden.

Seitdem ich angefangen habe, mich mit meiner beruflichen Neuorientierung zu beschäftigen, ist diese Angst zurück. Es gibt viele Dinge, die ich gerne mache. Einige Dinge, bei denen ich mir vorstellen könnte, sie jeden Tag zu machen. Und wenige Dinge, die ich zum Beruf machen könnte. Ich spiele Szenarien durch, wie es mir in 30 Jahren wohl mit jeder dieser Optionen gehen würde und ich beobachte meine Gefühle, um eine Entscheidung zu treffen. Aber es funktioniert nicht. Ich merke, dass mich etwas blockiert. Positive Gefühle werden plötzlich verdrängt von der aufkommenden Panik, eine falsche Entscheidung zu treffen. Und ich stelle mir Fragen: Was, wenn mich dieser Weg nicht glücklich macht? Was, wenn ich in einem Jahr wieder an dem gleichen Punkt stehe wie heute? Was, wenn mich eine der anderen Optionen stattdessen zu meinem Ziel gebracht hätte?

Es ist die Angst, mich festzulegen, die mich hemmt. Die Angst, mich für eine Option zu entscheiden und mir damit alle anderen zu nehmen. Ich will das Perfekte und weiß gleichzeitig, dass es das nicht gibt. Die nahezu unendlichen Möglichkeiten unserer heutigen Gesellschaft sind ein Segen und Fluch zu gleich. Wir können machen was wir wollen, wie wir es wollen und wo wir es wollen. Und trotzdem bin ich mit keiner dieser Möglichkeiten zufrieden. Weil doch irgendwo etwas noch besseres auf mich wartet. Das Streben nach Perfektionismus macht mich rastlos und gibt mir das Gefühl, niemals anzukommen.

Manchmal beneide ich die Generationen vor uns, wenn es um die Berufswahl geht. Sie hatten nicht die Möglichkeiten, die wir heute haben. Der Berufsweg war oft vorgegeben, aber die Menschen haben das weniger hinterfragt. Es war ihr Weg. Ihre Möglichkeit. Und sie waren damit zufrieden. Heute wollen wir das Perfekte, weil wir glauben, dass uns alles offensteht. Aber das ist eine Illusion die lediglich dazu führt, dass wir niemals zufrieden sind mit dem, was wir haben.

Und so habe ich manchmal das Gefühl, dass ich stagniere. Lieber im Hier und Jetzt bleibe. Im Gewohnten. Im Konstanten. Statt mich für etwas zu entscheiden, das nicht perfekt erscheint. Doch dann wird mir bewusst, dass keine Entscheidung auch eine Entscheidung ist. Es ist eine Entscheidung für den Stillstand. Für das Bequeme. Für die Komfortzone. Eine Entscheidung für das, was ich schon kenne und letztlich für das, was ich nicht mehr möchte.

Ich kann mich nicht komplett freimachen von der Angst, die falsche Entscheidung zu treffen. Aber ich versuche mir immer wieder vor Augen zu führen, dass unsere Welt voller Unsicherheit ist. Die Zukunft ist ungewiss und alle Konsequenzen einer Entscheidung kann ich niemals vorab berücksichtigen. Die Wahl, die wir treffen, ebnet unseren Weg. Sie macht uns zu dem was wir sind und entwickelt uns weiter. Ich versuche, wieder mehr ins Leben zu vertrauen und dass es uns dort hinbringt, wo wir hingehören. Entscheidungen sind keine Sackgassen und keine Einbahnstraßen. Wir können umdrehen, wenn wir das Bedürfnis haben. Und wir entdecken neue Abzweigungen, die uns weiter zu unserem Ziel bringen.

Und wo ich so klug daher schreibe, überkommen mich selbst wieder Zweifel, ob ich auf dem richtigen Weg bin. Das werde ich wohl niemals ganz abschalten können. Da hilft nur ruhig bleiben. Es aussitzen. Und Vertrauen.