Es war der 1. Juli 2019. Es war ein Montag. Und es war mein erster offizieller Tag ohne Job. Letzte Woche Mittwoch, 366 Tage später, hatte ich also Jahrestag. Manche würden sagen, Jahrestag der Arbeitslosigkeit. Ich sage: Jahrestag der Freiheit! Ich finde, dass es an der Zeit ist, ein erstes Resümee zu ziehen. Es ist Zeit, zu feiern. Ein kleines Interview mit mir selbst.

dreamjob-diary: Wie hast du deinen Jahrestag am Mittwoch gefeiert?

Mareike: Erstmal habe ich ausgeschlafen. Danach habe ich den Tag mit Yoga und einem ausgiebigen Frühstück gestartet. Am Nachmittag habe ich an einem Artikel für meinen Blog gearbeitet und abends mit meinen besten Freunden aus Frankfurt telefoniert. Es war ein schöner Tag, an dem ich vor allem Dinge tat, die mir richtig Spaß machten. Ohne Kuchen und Geschenke, dafür aber mit ganz viel Freiheit!

War dein erstes Jahr der Auszeit rückblickend so, wie du es dir erhofft hattest?

Naja, hätte ich so etwas wie Corona letztes Jahr schon in meine Auszeit eingeplant, dann wäre ich jetzt vermutlich reich (lacht). Natürlich war mein Plan auch ein anderer. Das merkt man alleine schon daran, dass ich immer noch nicht wieder in meine Wohnung in Frankfurt kann, weil sie noch untervermietet ist. Eigentlich würde ich jetzt wohl irgendwo am Strand in Nicaragua liegen. Oder in Kolumbien. Einen genauen Plan gab es ja nicht. Aber ich wäre definitiv noch auf Reisen, weil noch einige Länder auf meiner Liste standen, die ich gerne besucht hätte. Von daher – nein, das Jahr ist nicht so verlaufen, wie ich es mir erhofft hatte. Aber trotzdem habe ich die Dinge erreicht, die ich mir zum Ziel der Auszeit gesetzt hatte: Freiheit, Abstand und Selbstfindung. Auch, weil ich mich jetzt viel früher als geplant mit mir und meiner beruflichen Zukunft beschäftigen musste. Von daher war das Jahr zwar anders als erhofft, aber dadurch nicht schlechter.

Hättest du auch gekündigt, wenn du gewusst hättest, dass Corona kommen wird?

Gute Frage und schwer zu beantworten. Ich vermute mal nein. Weil ich ja ein anderes Bild im Kopf hatte, wie meine Auszeit verlaufen soll. Aber umso dankbarer bin ich, dass man so etwas im Vorhinein nicht weiß. Die Zukunft ist immer unsicher und es gibt unendlich viele negative, aber eben auch unendlich viele positive mögliche Pfade. Dass es nun Corona wurde, war mathematisch gesehen wohl recht unwahrscheinlich – ein sogenanntes Extremereignis. Genauso gut hätte es ja auch ganz anders verlaufen können. Das sollte man sich bei Entscheidungen immer wieder bewusst machen. Am Ende kommt es immer anders als man denkt, die wichtigste Entscheidungsgrundlage ist das Hier und Jetzt.

Also bereust du deine Kündigung nicht?

Auf keinen Fall! Generell bereue ich kaum eine meiner Entscheidungen im Leben, weil ich fest davon überzeugt bin, dass alles für irgendetwas gut ist. Uns unseren Weg ebnet. Uns weiterbringt. Bei der Kündigung bin ich zu 100% davon überzeugt, dass es gar keine Alternative gab. Zumindest keine, die mich so glücklich gemacht hätte, wie diese.

Hättest du diesen Schritt rückblickend schon früher gehen sollen?

Ich hatte schon länger über diesen Schritt nachgedacht. Ich glaube aber, dass ich ihn gegangen bin, als die Zeit reif war. Tatsächlich haben mich in dem Moment auch äußere Umstände dazu getrieben, mein Vorhanden endlich in die Tat umzusetzen. Sonst hätte ich vielleicht noch länger gebraucht. Ich glaube, dass man sich in dem Moment der Entscheidung damit wohl fühlen muss. Und ich weiß nicht, ob das der Fall gewesen wäre, wenn ich ihn früher gegangen wäre. Natürlich muss man aufpassen, dass man so nicht immer eine Ausrede findet, warum die Zeit noch nicht reif ist. Aber ich glaube, dass man spürt, wenn es Zeit ist, weiter zu gehen. Und dann sollte man die Kraft dieses Momentes einfach nutzen.

Was hat sich in dem letzten Jahr verändert?

Puh, ziemlich viel. In erster Linie wohl ich selber. Das ist natürlich zum einen meiner Reise zu verdanken. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr mich diese geprägt und verändert hat. Allein schon, dass ich mittlerweile viel besser Zeit mit mir alleine verbringen kann. Das war davor, als ich noch in Frankfurt war, schon anders. Meine Freunde können ein Lied davon singen (lacht). Aber natürlich verdanke ich das auch der Zeit nach der Reise, in der ich mich intensiv mit mir beschäftigt habe. Und das hat in erster Linie zu einer Veränderung meines Lebens- und Arbeitsmodells beigetragen. So, wie es vorher war und in Deutschland zumeist auch noch üblich ist, möchte ich es einfach nicht mehr. Dafür habe ich auch in anderen Ländern und Kulturen viel zu oft erlebt, dass es auch anders geht. Davon möchte ich gerne mehr in mein Leben integrieren. Aber natürlich waren nicht alle Veränderungen immer positiv. Ich bin nun seit einem Jahr nicht mehr in Frankfurt. Dadurch verändern sich auch Freundschaften, weil man sich einfach nicht mehr so oft sieht und gemeinsame Erlebnisse schafft. Mit manchen habe ich den Kontakt leider sogar fast komplett verloren. Und bei anderen merke ich, dass mein Weg einfach nicht der ihre ist. Darüber bin ich schon auch oft traurig. Aber ich habe aufgegeben, mich anderen aufzuzwängen, um etwas aufrechtzuerhalten, was es vielleicht nicht mehr gibt. Das raubt mir langfristig sehr viel Kraft und gibt mir wenig zurück. Da muss man wohl den Lauf der Dinge akzeptieren – auch, wenn es schade ist.

Was war dein schönster und was dein traurigster Moment der letzten 366 Tage?

Ich glaube der traurigste Moment war, als ich mich in Indonesien von meiner Freundin Lena* verabschieden musste. Wir hatten mein Abenteuer Weltreise zusammen gestartet und waren gut zwei Wochen auf Bali und Lombok unterwegs. Durch den Abschied realisierte ich erst richtig, dass ich mein altes Leben komplett hinter mir ließ. Da überkamen mich einige Gefühle und ich musste mich an die neue Situation des Allein-Reisens erst einmal wieder neu gewöhnen. Der schönste Moment ist schwieriger, weil es davon so viele gab. Aber als ich als Überraschungsgast im Februar zum 60. Geburtstag meines Vaters erschien, während er dachte, dass ich noch in Guatemala sei, war schon ein emotionales Highlight.

Worauf freust du dich im kommenden Jahr?

Ich freue mich darauf, weiter zu gehen. Weiter an meinem Traum zu arbeiten und mit kleinen Schritten dem Ziel immer näher zu kommen. Es stehen gerade ein paar Veränderungen an, auch darauf freue ich mich sehr. Vielleicht ein neuer Wohnort, vielleicht ein neuer Job. Es gibt noch nichts Konkretes, aber das macht es für mich auch gerade so spannend. Ich habe endlich das Gefühl, nicht mehr auf der Stelle zu treten, so wie es zuletzt in Frankfurt der Fall war. Stattdessen merke ich, dass es weitergeht. Das habe ich gebraucht. Und darauf freue ich mich am meisten! Wie das letztlich konkret aussieht, ist mir aktuell noch egal.

Was würdest du anderen raten, die kurz vor einer Veränderung in ihrem Leben stehen?

Ich kann mich nur auf meinen ersten Beitrag auf diesem Blog beziehen – einfach machen! Und sich gleichzeitig nicht zu hohe Erwartungen an sich selbst zu setzen. Ich habe erst vor ein paar Tagen wieder gelesen, dass wir oft überschätzen, was wir in einem Jahr, und unterschätzen, was wir in fünf Jahren erreichen können. Setzt euch Ziele, aber nicht zu viele, den Rest bringt die Veränderung schon ganz alleine mit sich.

Ein schönes Schlusswort, Mareike! Vielen Dank für das persönliche Interview!

Sehr gerne!

Wenn ihr noch weitere Fragen zu meinem ersten Jahr der Auszeit habt, dann schreibt sie gerne in die Kommentare. Meine Antworten folgen so bald wie möglich 🙂

*Name von der Redaktion geändert